Vater und Sohn by James Lee Burke

Vater und Sohn by James Lee Burke

Autor:James Lee Burke
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne Verlag


Kapitel 21

Das Bürogebäude von Arnold Beckman, in dem er auch sein Apartment hatte, befand sich nicht weit entfernt auf einer grünen Ebene nördlich der Stadt, in Sichtweite des San Antonio River und der Ruinen der Spanischen Mission. Das Gebäude war weiß verputzt, die dekorativen Elemente an Fenster und Türen strahlend blau. Es hatte ein graues Schieferdach und mehrere Balkone, von denen orangefarbene Trompetenblumen in dicken Büschen herabhingen. Irgendetwas stimmte aber nicht mit der Architektur und der Umgebung dieses Bauwerks. Die Farben waren zu grell, die Fenster zu klein, die Blumenbeete unbepflanzt und mit Kuhmist bedeckt, den niemand untergegraben hatte. Vor dem Gebäude stand eine einsame Virginia-Eiche, deren Äste mit Louisiana-Moos behangen und zur Hälfte von Blitzen verbrannt oder von Mehltau befallen waren. Auf dem angrenzenden Grundstück türmte sich haufenweise Bauschutt, dessen Staub der Wind über die Landschaft verteilte. Als Ishmael zusammen mit Maggie Bassett auf das Gebäude zuging, fiel ihm die eigenartige Symmetrie auf, die ihn an ein Gesicht kurz vor dem Niesen erinnerte.

Auch Beckmans Büro strahlte diese Art der Ambiguität aus. Überall standen eingegangene Topfpflanzen herum, deren Untersetzer von einer feinen, staubtrockenen Erdschicht überzogen waren. Die Möbel waren zum Großteil aus Geweihen oder aus langen, geschwungenen Holzstücken mit Schellackoberfläche und Knochenoptik gefertigt und mit Rohleder oder Tierfellen bespannt. An der Wand hinter dem massiven Schreibtisch hing in einiger Höhe ein Ölgemälde, das Robert E. Lee und Stonewall Jackson in einem Feldlager zeigte, wie sie in unterschiedliche Richtungen starrten. Die künstlerische Qualität war allerdings derart mangelhaft, dass beide Männer zu schielen schienen.

»Einen Drink gefällig?«, sagte Beckman.

»Nein, Sir. Aber vielen Dank«, antwortete Ishmael.

»Setzen Sie sich doch.«

»Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss auch Ihr zweites Angebot ablehnen. Wenn ich mich erst mal hinsetze, komme ich nicht so schnell wieder hoch.«

»Sie sind ein wohlerzogener junger Bursche, Mr. Holland. Von Ihrer Sorte könnte ich mehr gebrauchen.«

Beckmans Stuhl stand ein ganzes Stück hinter dem Schreibtisch. Er trug ein offenes Hemd und ein Seidentuch um den Hals, seine Beine hatte er vor sich ausgestreckt, die Fußgelenke übereinandergeschlagen. Seine Züge pulsierten förmlich und schienen von einer Energie besessen, die seine Gesichtshaut nur mit Mühe zurückhalten konnte. Seine Bewegungen waren ruckartig, sein Körper schien durch Spasmen und Zuckungen gelenkt. Hinzu kam, dass seine Hände sich permanent öffneten und schlossen und seine strahlend blauen Augen ohne Unterlass über Ishmaels Körper wanderten. Er kratzte sich im Schritt. »Ich höre, Sie waren an der Marne dabei?«

»Ja, Sir. Ich habe in der zweiten Schlacht an der Marne gekämpft.«

»Wie fanden Sie das französische Maschinengewehr, das Chauchat? Wie nannten es die Soldaten noch gleich? Das ›Sho-sho‹?«

»Meine Männer hielten es für Schrott.«

»Was ist mit dem Lewis?«

»Es gibt kein besseres.«

»Warum nicht das Maxim oder das Vickers?«

»Zu schwer und zu personalintensiv. Das Lewis hingegen ist leicht. Ein einzelner Mann kann mehrere Tausend Schuss abgeben, ohne Ladehemmung, ohne Fehlzündung.«

»Hinter meinem Haus ist ein Schießstand. Vielleicht könnten Sie mir da einige Waffen vorführen.«

»Warum sollte ich Ihnen Waffen vorführen?«

»Es geht nicht um mich. Ich will nur sehen, wie Sie meinen Kunden diese Waffen vorführen würden.«

»Wer sind Ihre Kunden?«

»Lassen Sie uns zum Schießstand gehen.



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